Phänotypische Heterogenität

Abb.1: Primäre Zellen (1°) von Photorhabdus spec. sind mit den Nematoden assoziiert. Während der Infektion des Insekts kommt es bei einzelnen Zellen zu einem phänotypischen Phasenwechsel zur sekundären Form (2°). Neben vielen anderen Eigenschaften sind diese nicht mehr in der Lage mit den Nematoden in Symbiose zu leben. Nach Reassoziation der 1° Zellen mit den Nematoden verbleiben die 2° Zellen im Boden. Das Schicksal der 2° Zellen im Boden sowie deren Funktiondür den Lebenszyklus der gesamten Population ist unbekannt.

Bakterien der Gattung Photorhabdus kommen in zwei phänotypisch verschiedenen Varianten vor, welche als Primär- und Sekundärvariante bezeichnet werden. Beide Varianten sind genetisch homogen, aber unterscheiden sich stark in ihrer Morphologie sowie zahlreichen physiologischen Eigenschaften. Einer der Hauptunterschiede beider Varianten ist, dass Sekundärzellen nicht mehr zur Symbiose mit den Nematoden fähig sind. Diese Variante entsteht spontan in Folge längerer Inkubationszeiten in vitro oder im Insektenkadaver. Nach etwa 28 Tagen fortlaufender Inkubation haben etwa 20-50% der Zellen einen phänotypischen Phasenwechsel von der Primär- zur Sekundärvariante vollzogen. In vivo entspricht dies exakt der Zeitspanne, die von der Infektion des Insekts bis zum Verlassen der neuen Nematodengeneration aus dem verbrauchten Insektenkadaver vergeht. Der soziobiologische Grund für diesen phänotypischen Phasenwechsel ist unbekannt. Mögliche Erklärungen für dieses Phänomen reichen von einer klassischen „bet-hedging“ Strategie, die das Überleben der Gesamtpopulation in jedem Fall absichert, bis zu einem altruistischen oder dominanten Verhalten der jeweils einen oder anderen Variante. Mittels künstlich zusammengestzer Populationen, die aus verschiedenen Verhältnissen von Primär- und Sekundärzellen bestehen, wollen wir herausfinden, ob eine definierte heterogene Zusammensetzung der bakteriellen Population ein Vorteil für die Gesamtgemeinschaft der Bakterien und deren Symbiosepartner hat. Des Weiteren gilt es zu klären, ob eine der Varianten ein spezifisches Signal aussendet, welches das Verhalten der jeweils anderen Variante kontrolliert. Aber warum sind einzelne Zellen in einer homogenen Umgebung anfälliger für den phänotypischen Phasenwechsel und andere weniger oder gar nicht? Am molekularen Mechanismus der Steuerung dieses Phasenwechsels von P. luminescens ist hauptsächlich ein Masterregulator beteiligt. Dieser Regulator, HexA, fungiert vermutlich als Repressor von primärvarianten-spezifischen Genen. Wie jedoch ein einzelner Regulator in einer zunächst homogenen Zellpopulation heterogen wirken kann, ob möglicherweise andere zentrale Regulatoren am phänotypischen Phasenwechsel beteiligt sind und welche Signale diesen Wechsel induzieren, sind zentrale Fragestellungen, denen wir uns in diesem Projekt widmen.

Das Projekt ist dem DFG-Schwerpunktprogramm SPP1617 "Phenotypic heterogeneity and sociobiology of bacterial populations" angegliedert.

Regaiolo, A.; Dominelli, N.; Andresen, K.; Heermann, R. (2020). The biocontrol agent and insect pathogen Photorhabdus luminescens interacts with plant roots. Appl. Environ. Microbiol. doi: 10.1128/AEM.00891-20.

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